Heinrichsgeist

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Mentales Modellieren
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Maurice Höfgen

Mythos Geldknappheit

Modern Monetary Theory oder warum es am Geld nicht scheitern muss

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Buch 2020 Mythos Geldknappheit auf mauricehoefgen.com

Wahrgenommen von Heinrichsgeist: 2022. Zitate auf dieser Seite beziehen sich auf diese Quelle, sofern nicht anders gekennzeichnet (Zitationszweck: Anschauliche Hervorhebung ausgewählter Passagen).

ISBN 978-3-7910-4959-5

Interessant

  • Mainstream Ökonomie (Neoklassik) bietet keine adäquate Modellierung des Geldsystems (Bankwesen, Geldschöpfung etc.)
  • Ein monetär währungssouveräner Staat
    • kontrolliert seine eigene Währung, hält das Währungsmonopol
    • verschuldet sich nicht in Fremdwährungen
    • koppelt sich nicht an einen festen Wechselkurs (zu Fremdwährungen oder Edelmetallen)
    • erlegt sich selbst keine geldpolitischen Restriktionen (bspw. Schuldenbremse) auf
  • Es gibt vorherrschende Mythen, die für monetär souveräne Staaten falsch sind und gefährlich, da falsche politische Entscheidungen (hinsichtlich Gemeinwohlziele) darauf begründet und getroffen werden
    • Mythos: Der Staatshaushalt funktioniert im Prinzip wie ein privater Haushalt
    • Mythos: Der Staat kann sich überschulden und bankrott gehen
    • Mythos: Der Staatshaushalt sollte ausgeglichen sein, Staatsschulden sind per se schlecht
    • Mythos: Der Staat muss Ausgaben finanzieren, d.h. Geldmittel (insbesondere) durch Steuereinzug auftreiben, um damit dann Ausgaben tätigken zu können
    • Mythos: Steuern haben den Zweck der Staatsfinanzierung
    • Mythos: Geldmengenerhöhung bringt stets Inflationsgefahr mit sich (Monetarismus)
    • Mythos: Geld ist für den Staat ein knappes Gut, welches die Staatlichen Ausgaben (insb. Investitionsprojekte) beschränkt
  • Die Modern Monetary Theory (MMT) liefert eine adäquate Modellierung des Geldsystems. MMT kann viele Sachverhalte in ihrer Wirkungsweise stichhaltig beschreiben und Phänomäne begründen, auf die der neoklassische Mainstream der Ökonomie keine überzeugende Antwort liefert. Die Adäquatheit der MMT wird durch umfangreiche empirische Evidenz demonstriert.
  • Typisch: Dreistufiges Geldsystem, hierarchisch
    • Staatliches Geld, das von der Zentralbank geschöpft (d.h. aus dem Nichts erschaffen) und ausgegeben werden kann und für Zahlungen an den Staat verwendet werden kann. Beim Akt so einer Zahlung wird Geld vernichtet.
    • Giralgeld, das Geschäftsbanken schöpfen können bei Kreditvergabe an die Privatwirtschaft und Privathaushalte und das dann bei Tilgung vernichtet wird
      • Zahlungstransaktionen zwischen Staat/Privat laufen über Konten der Geschäftsbanken bei der Zentralbank und dabei werden Geldmenge des staatlichen Geldes und des Giralgeldes veändert.
    • Privatwirtschaftlich erschaffenes zweckgebundenes Geld: Ausgabe von Gutscheinen, Eintrittskarten etc., welche dann bei der Einlösung durch Konsum von Gütern und Dienstleistungen
  • Man kann sich Geldsystem als ein Geflecht aus gekoppelte Bilanzen vorstellen
  • Ökonomische Weißheit gilt immer: Die Ausgaben des Einen sind die Einnahmen des Anderen. Die Schulden des Einen sind die Vermögen des Anderen.
  • Kapitel 5 Steuern als Tool
    • Zweck: Akzeptanz der staatlichen Währung
      • Evidenz Beispiele CFA Franc Kolonialwährung und Buckaroo Universitätswährung Kansas
    • Zweck: Steuerung der Gesamtnachfrage und Erreichung Preisstabilität
      • Kaufkraftverlust, Senkung Produktionsmenge, Erhöhung Arbeitslosigkeit
      • Steuererhöhung als tool um nachfragegetriebene Inflation zu bekämpfen, und analog Senkung zur Bekämpfung Deflation
    • Zweck: Korrektur von Ungleichheit
      • Primärverteilung (Einkommen vor Besteuerung) kann durch Besteuerung deutlich geändert werden, jede Steuer hat Einfluss auf das Verteilungsergebnis
      • Starke Ungleichheit korrumpiert Demokratie
      • Aber: Robin Hood Prinzip gilt nicht, die finanzielle Kapazität eines souveränen Staates (für bspw. Sozialausgaben) ist unabhängig von den Vermögen der Reichen.
    • Zweck: Beeinflussung von Ausgabe- und Verhaltensentscheidungen
      • Beispiele: Tabaksteuer, Alkoholsteuer, niedrige Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Benzinsteuer
      • Wichtig: Sorgfältige interdisziplinäre Analyse der Auswirkungen erforderlich, um ungewünschte Effekte zu vermeiden
      • Schädliches Verhalten durch Besteuerung bekämpfen wollen und gleichzeitig auf hohe Einnahmen zu setzen ist ein Widerspruch in sich
    • Opportunitätskosten: Ressourcen für Erhebung, Durchführung, Minimierung bindet Ressourcen bei allen Beteiligten die nicht für andere produktive Arbeit genutzt werden kann
  • Kapitel 6 Staatsanleihen
    • Grundprinzip: Staatsanleihen frieren existierendes Zentralbankgeld von Geschäftsbanken bei der Zentralbank für eine festgelegte Zeit ein, dafür gibt es Zinszahlungen vom Staat. Im Prinzip wirkt der Kauf einer Staatsanleihe wie eine Umbuchung vom Zentralbank-Girokonto auf ein Zentralbank-Sparkonto
    • Staatsanleihen werden vom Staat ausgegeben und können zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken munter gehandelt werden
    • Staatsanleihen sind ein Tool der Geldpolitik, nicht der Fiskalpolitik. Staatsanleihen beeinflussen den Interbankenzins, mit dem sich die Geschäftsbanken untereinander Zentralbankgeld leihen. Der Interbankenzins pendelt sich ein zwischen
      • maximal (Zentralbankgeldknappheit) dem Zins für Geldleihe bei der Zentralbank, und
      • minimal (Zentralbankgeldüberfluss) dem Zins auf Guthaben auf Zentralbank-Girokonten
    • Der Interbankenzins hängt mit dem Leitzins zusammen. Es gibt verschiedene Definitionen von Leitzins, in den USA ist es genau der Interbankenzins, in Europa der Zins für Leihe von der Zentralbank
    • Die Zentralbank ist für die Steuerung des Interbankenzins durch Staatsanleihen also auf die Staaten angewiesen und damit zur Verfolgung ihrer Ziele nicht unabhängig, wenn sie - wie üblich - keine eigenen Schuldinstrumente verwenden darf
    • In währungssouveränen Staaten sind Staatsanleihen nicht erforderlich zur Geldbeschaffung für den Staat, da einfach souverän geschöpft werden kann
    • Für die nicht währungssouveränen Staaten der Eurozone sind per Design Staatsanleihen formal notwendig zur Geldbeschaffung. Das dadurch beschaffte Geld ist immer zuückzuführen auf Geld das durch die Zentralbank
      • zuvor geschöpft wurde (Banken kaufen Staatsanleihen mit existierendem Zentralbankgeld
      • oder durch die Zentralbank geschöpft wird (Zentralbank kauft Staatsanleihen auf und schöpft dafür Geld)
    • Mythos: Der Staat leiht sich Geld bei der Privatwirtschaft Geld, Staatsanleihen sind ein Finanzierungsinstrument. Auf diesem ökonomischen Irrglauben wird einerseits falsche Wirtschaftspolitik betrieben und andererseits Wählerschaft getäuscht, stellt damit auch ein Demokratiepoblem dar
  • Kapitel 7 Progressive Reformen
    • Progressive müssen aufhören sich auf neoliberale Logik und Sprache einzulassen
    • Progressive müssen in sich konsistente Position beziehen (die auf MMT Logik beruht)
      • Der Staat ist monetär souverän und hat viel Wirtschaftsmacht, ist finanziell unabhängig von Privatwirtschaft. Zukunftsprojekte und Sozialausgaben müssen nicht darauf warten, dass/ob Geld aus der Privatwirtschaft dafür zusammengekratzt werden kann, sondern vom Vorhandensein von Produktivressourcen. Das entspricht inetwa dem Gegenteil dessen, was die neoliberalen Mythen anrichten (Jahrzehntelanges Herunterwirtschaften öffentlicher Infrastruktur)
    • Progressive müssen Diskurs neu Framen, neue Bilder, Erzählungen und Sprache entwickeln.
  • Kapitel 8 Zusammengefasst
    • (Zusammenfassung 1-7)
  • Kapitel 9 Wohin soll die Reise gehen?
    • Position beziehen. Primer für die folgenden Vorschläge.
  • Kapitel 10 Jobgarantie: Das Ende unfreiwilliger Arbeitslosigkeit
    • neben privatwirtschaftlichen Jobs und Festanstellungen für ein funktionierendes Staatswesen gibt es lokale gemeinwohldienliche Jobs die vom Staat bezahlt werden, lokal koordiniert werden. Die Jobgarantie wird als Puffer für Schwankungen im Personalbedarf der Privatwirtschaft genutzt. In wirtschaftlich guten Zeiten gibt es wenige davon, in schlechten Zeiten jedoch Viele. Und diese stabilisieren gesamtwirtschaftlich die Nachfrageseite, stabilisieren das Selbstwertgefühl und aufrechterhalten die Produktivität der Betroffenen, damit die Qualität des Angebotsseite des Arbeitsmarktes was dann für den Aufschwung wichtig wird. Die Menge und regionale Verteilung der Garantiejobs wird zudem Messinstrument für politische Entscheidungsvorgänge. Der Output der Garantiejobs verbessert lokal das Gemeinwohl und die Lebensumstände. Davon können Mindeststandards und Impulse für Privatwirtschaft ausgehen. Die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer wird auf Augenhöhe zu den Arbeitgebern gebracht.
    • Im Vergleich mit den diversen Vorschlägen zu Bedingungslosen Grundeinkommen ist die Jobgarantie überlegen. Ziele (Existenzängste nehmen, Zwang Scheißjobs anzunehmen loswerden) werden erreicht, jedoch mit einem gesamtwirtschaftlichen konzeptuellen Unterbau. Den Vorschlägen zum bedingungslosen Grundeinkommen fehlt die Phantasie, dass für nicht privatwirtschaftlich benötigte Arbeitswillige bezahlte sinnstiftende Tätigkeiten geschaffen werden können. Was das Finden dieser sinnstiftenden Tätigkeiten betrifft wird dies dem Einzelnen überlassen, es gibt keine Koordination, ein sozialer Kitt könnte nur zufällig entstehen. Zudem gibt’s das Risiko, dass sich eine Produktionsaristokratie herausbildet.
  • Kapitel 11 Öffentliche Daseinsvorsorge erster Klasse: Von Bildung bis Wohnen
    • …kann ich nicht zusammenfassen, so viele gute Argumente und Vorschläge
  • Kapitel 12: Steuerreform: Qualität vor Quantität
    • vier wirtschaftspolitische Funktionen
      • Akzeptanz der Währung
      • Steuerung der Gesamtnachfrage
      • Korrektur von Ungleichheit
      • Beeinflussung von Ausgabe- und Verhaltensentscheidungen
    • Unternehmenssteuer: Weg damit, viel Aufwand, viele Schlupflöcher, wirkt im Ergebnis regressiv (d.h. Umverteilung von unten nach oben, weil belastet eher Konsumenten denn Unternehmungen)
    • Mehrwertsteuer: Weg damit, viel Aufwand, wirkt stark regressiv. Stattdessen Luxussteuern auf gemeinwohlschädlichen Konsum
    • Immobiliensteuer, her damit (Akzenptanz der Währung und Korrektur von Ungleichheit)
    • Einkommensteuer für alle Einkommensarten einheitlich, her damit. Wirkt als automatischer Stabilisator von Wirtschaftszyklen, Instrument zur Steuerung der Gesamtnachfrage und zur Korrektur von Ungleichheit
    • Luxussteuern auf gemeinwohlschädlichen Konsum, her damit. Instrument zur Steuerung der Gesamtnachfrage und zur Beeinflussung von Verhaltensentscheidungen. Diese Steuer ist dann erfolgreich, wenn sie idealerweise keine Einnahmen generiert.
  • Kapitel 13: Bankenreform: Gemeinwohl vor Profit
    • Profitorientierung beißt sich mit wünschenswertem gemeinwohldienlichem Zweck des Bankenwesens
      • Sollte sein: Bereitstellung Liquidität für Investitionen, Schmieröl für Realwirtschaft, Kreditvergabe auf Basis fundierter Risikobewertung
      • “welche Funktionen sollteen Banken erfüllen?
        1. Ein sicheres Zahlungssystem bereitstellen;
        2. Kurzfristige Kreditvergabe an Firmen, Haushalte und ggf. lokale Staatsstellen;
        3. Langfristige Kreditvergabe zur Finanzierung von kapitalintensiven Investitionen;
        4. Immobilienfinanzierung;
        5. diverse Finanzdienstleistungen inkl. Beratung, Brokerage und Vermittlung von Sparplänen.”
    • “Profitorientierte Banken vergeben zu viele Kredite im Boom und zu wenige Kredite in der Rezession, verstärken damit konjunturelle Auf- und Abschwünge und tragen entscheidend zur Finanzinstabilität bei”
    • Profitorientierung führt zu Spekulation, Intransparenz, Umsätze ohne realwirtschaftliche Bedeutung (Preisblasen, Vermögenspreisinflationen), Instabilität des Gesamtsystems, Machtakkumulation, Aushebelung fundierter Risikobewertung
      • Evidenz: Finanzkrise 2008/2009 (“Minsky-Moment”), Vergleichsbetrachtung welche Rolle spielten private Großbanken versus öffentlich rechtliche/genossenschaftliche Banken
    • Besser Verstaatlichen, denn rein privatwirtschaftlich sind Banken eh nicht
      • sie werden von Zentralbenk lizensiert, sie werden überwacht, Geldeinlagen werden teilw. staatlich abgesichert
      • seit “too big to fail” und “bailouts” werden wirtschaftliche Risiken öffentlich getragen statt privat
    • Banken sitzen am wirtschaftlich steuerndem Hebel (Entscheidung: Wer bekommt welches Geld für welchen Zweck?), dieses Privileg erfordert eine strenge Regulierung und Aufsicht gegen gemeinwohlschädlichen Missbrauch. “Giralgeld sollte als öffentliches Gut und Banken als im öffentlichen Auftrag agierende Institutionen gesehen werden”
      • “Neues Geld ensteht lediglich für profitable Geschäfte und nicht für gesellschaftlich erstrebenswerte oder gesamtökonomisch vernünftige”
    • “13.2 Banking muss wieder langweilig werden” enthält Vorschlag für Neuregulierung (bspw. Interbankenkreditvergabe abschaffen)
      • deutlich besser als eine umfangreiche (und prinzipiell unvollständige) Liste von verbotenen Aktionen ist eine Auflistung der zugelassenen Aktionen.
    • “13.4 Auch andere Finanzmarktakteure gehören eingefangen”
      • bspw. “Dazu sollte jeder Finanzmarktakteur, der beabsichtigt, im Handel mit Rohstoffen oder Agrargütern zu operieren, nachweisen, dass er über Lagerkapazitäten verfügt, die ein realwirtschaftliches Interesse legitimieren”
      • es braucht internationale Abkommen um “unproduktive Zahlungsflüsse” als rechtswidrig zu deklarieren
      • “Spekulative Attacken auf Währungen oder Rohstoffe sollten ebenso rechtswidrig sein wie ein bewaffneter Einmarsch.”
      • Deutlich schlechter als derartigen strikten Verbote wäre eine Finanztransaktionssteuer (Tobin-Steuer), diese geht an der Sache vorbei. Denn warum
        • Das Argument dass die Steuereinnahmen für gemeinnützige Zwecke verwendet werden können ist hinfällig, denn die Einnahmen wären idealerweise sehr gering (keinerlei spekulativen Transaktionen mehr, nur ein Bruchteil der heutigen Transaktionen) und nach Erkenntnissen MMT braucht es für monetär souveräne Staaten keine Mittelbschaffung für gemeinnützige Zwecke
        • “Wieso sollte schädliches Verhalten für diejenigen, die den höheren Preis zu zahlen bereit sind, legitimiert werden?”
  • “14 Geldpolitik: Schluss mit Nebelkerzen”
    • Geldpolitik heute: Bei Unterschreiten des Inflationsziels wird üblicherweise der Leitzins gesenkt, was anregend (expansiv) wirken soll, bei Überschreiten wird der Leitzins erhöht, was kontraktiv wirken soll. Mit diesem geldpolitischen Mechanismus der Zentralbank glaubt man die Wirtschaft im Wesentlichen steuern zu können. Theorie dahinter ist, dass das Investitionsverhalten maßgeblich von den Kreditpreisen abhängt. Der Staat hat sich dem neoliberalem Ideal zufolge zurückzuhalten mit fiskalischen Eingriffen, er darf sich aber gerne mit Austeritätspolitik kleiner machen.
    • Für diese Theorie gibt es keine Evidenz, denn sie ist falsch. Der Leitzins ist nur ein Faktor von Mehreren. Maßgeblicher Faktor für Investitionsentscheidungen ist eher die Zukunftserwartung, ob sich Investitionen langfristig planbar lohnen, bpw. ob Produkte auch künftig nachgefragt werden.
      • Empirische Evidenz für das Gegenteil existiert, Wirtschaftswachstum und Zinsen korellieren positiv (Lee und Werner)
      • EZB-Präsident Mario Draghi räumte bei seinem Abschied ein, dass Geldpolitik die Ziele bisher nicht erreicht und Fiskalpolitik hinzukommen muss

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