Kapitalexport oder Kapitalimport – das ist hier die Frage!
Gastbeitrag im Blog Relevante Ökonomik, Joachim Nanninga schreibt über einen Stolperstein der Zahlungsbilanz
Quelle
Format | Veröffentlichung | Link |
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Blog | 2022 | https://www.relevante-oekonomik.com/2022/03/02/der-stolperstein-der-zahlungsbilanz-kapitalexport-oder-kapitalimport-das-ist-hier-die-frage/ |
Wahrgenommen von Heinrichsgeist: 2025. Zitate auf dieser Seite beziehen sich auf diese Quelle, sofern nicht anders gekennzeichnet (Zitationszweck: Anschauliche Hervorhebung ausgewählter Passagen).
Interessant kurz
(Kapitalimport = Vermehrung der Verbindlichkeiten, Kapitalexport = Vermehrung der Forderungen.)
und
(Netto-Kapitalimport = Netto-Geldvermögens-Abfluss; Netto-Kapitalexport = Netto-Geldvermögens-Zufluss)
Interessant
Kontraintuition:
Hier sträuben sich sicher bei vielen Lesern die Nackenhaare: Auf dem eigenen Konto trifft eine Zahlung vom Kunden ein, und dass soll ein Kapitalexport sein?! Als Käufer zahle ich, und das soll Kapitalimport sein!? Das unwillkürliche Widerstreben zeigt: Mit unserem mundanen Denken sind wir fast alle noch in der Welt der Goldwährung verhaftet, obwohl wir dauernd von der Notenpresse reden. Das exportierte Gut wurde aber nicht mit Gold bezahlt, sondern gegen eine Forderung getauscht, die auch im Falle der Bezahlung eine Forderung bleibt – nur mit dem Unterschied, dass sie sich nicht mehr gegen einen privaten Wirtschafter, sondern nunmehr gegen eine Bank richtet. Der Käufer hat die Leistung, das erworbene Gut, bei direkter Bezahlung gegen seine Bank-Forderung getauscht.
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Bezug von Leistungen durch Eingehen einer Verbindlichkeit (statt wie in der Tauschwirtschaft durch eigene Leistung) ist für den Käufer Kapitalimport und für den Verkäufer Kapitalexport. Die Mehrung der eigenen Verbindlichkeiten ist Kapitalimport, die der Forderungen Kapitalexport, ob monetisiert oder direkt.
Von einem Problem hat uns die moderne monetäre Welt mit ihrem Fiat-Geld nicht befreien können: Wer mit dem Anwachsen seiner Verbindlichkeiten zu einem Netto-Schuldner geworden ist, also ein negatives Netto-Geldvermögen aufweist, kann nur dadurch wieder in eine schuldenfreie Position gelangen, wenn er im nötigen Umfang zum Kapitalexporteur wird, d. h. Perioden hat, in denen er/sie mehr einnimmt als auszugeben, mit anderen Worten einen Leistungsbilanzüberschuss hat. Das wird allerdings nur dann möglich sein, wenn der Rest der Welt ihm/ihr gegenüber die Komplementärrolle einnimmt, also ein Leistungsbilanzdefizit aufweist.
Der Artikel beleuchtet auch internationale Transaktionskaskaden mit Devisen bzw. Targetsalden (im Euroraum):
An der Grundarchitektur ändert sich aber nichts. Der Kunde aus B kann in A kaufen,
- wenn er vom Lieferanten Kredit erhält;
Er kann zusätzlich zahlen, wenn
- er selbst über entsprechende Devisen aus A oder über in A akzeptierte Devisen verfügt oder Zahlungsmittel des eigenen Landes in diese Devisen eintauschen kann; oder
- sich entsprechende Devisen per Kredit beschaffen kann; oder
- der Lieferant aus A Zahlungsmittel aus B akzeptiert.
Robinson Crusoe Beispielökonomie mit Glasperlenbank
Es zeigt sich also: Hier in der Ökonomie des Eilandes wie ebenfalls in der Weltwirtschaft ist Sparen im Ganzen nur als Mehrung des Sachvermögens, nicht aber des Geld-Vermögens möglich. Jegliches „Geld“-Sparen ist zugleich „Geld“-Verschuldung an anderer Stelle.